“Gewerbenorm” kommt in Fahrt

FIRMENKUNDENGESCHÄFT

Veröffentlich von: bank und markt, 15.04.2025


Vor drei Jahren veröffentlichte das Deutsche Institut für Normung (DIN) die DIN-Norm 77235 “Finanz- und Risikoanalyse für Selbstständige sowie kleine und mittlere Unternehmen”. Nach Brokerport und Finoso hat mit Thinksurance nun ein weiterer Software-Anbieter ein auf diese Norm zertifiziertes Tool auf den Markt gebracht. Damit verfügt die Beraterschaft in Deutschland jetzt über eine ordentliche Software-Auswahl, mit der sie im Geschäft mit Gewerbetreibenden verlässlich und weitgehend haftungssicher punkten kann.

Dass sowohl die Entwicklung der Norm als auch die der dazugehörigen Software verhältnismäßig lange gedauert
hat, ist für Dr. Klaus Moller, Vorstand des Zertifizierers Defino Institut für Finanznorm AG, ein Beleg für die Größe der Herausforderung, die Komplexität einer ganzheitlichen Finanz- und Risikoanalyse für Gewerbekunden in einen effizient umsetzbaren Prozess zu gießen. So gibt es in der Branche bisher einen Flickenteppich aus unterschiedlichstem Vorgehen im Umgang mit Gewerbekunden, mit denen jeder Berater zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen muss: Mal tritt nur eine Übersicht zu den scheinbar wichtigsten Risikofeldern zutage, mal nur zu den Spezialfeldern des jeweiligen Maklers, mal gänzlich unsortiert und mal auf einzelne Themen begrenzt. Dank der neuen Norm könnten nun der Finanz- und Absicherungsbedarf von Gewerbetreibenden mit nie dagewesener Genauigkeit ermittelt werden. Damit dürfte auch die Anzahl der Finanzberater im Gewerbesektor signifikant steigen, so Möller.

Wie die Finanzanalysenorm DIN 77230 für Privathaushalte verfolgt auch die “Gewerbenorm” einen ganzheitlichen
Ansatz zur Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs. Auch sie ist in Themenfelder gegliedert: Haftung, Menschen
im Unternehmen, Liquidität/Währung, Verlust/Beschädigung von Sachwerten, Recht.

Darunter werden insgesamt 52 potenziell relevante Risiko- und Vorsorgethemen erfasst und in einer Bedarfsabstufung priorisiert: von beispielsweise der Betriebshaftung über das Ausfallrisiko des mitarbeitenden Firmeninhabers und Bilanzrisiken aus der betrieblichen Altersvorsorge bis hin zur Rechtsdurchsetzung bei gemieteten Immobilien. Wer die DIN-Norm 77235 anwendet, kann im Umgang mit seinen gewerblichen Kunden kein Risiko- oder Finanzthema mehr vergessen. Das ist gerade angesichts der immer wieder als Herausforderung in diesem Segment genannten Unterschiedlichkeit der Branchenanforderun gen und Geschäftsmodelle vermutlich nicht zu unterschätzen. Denn nicht zuletzt aufgrund dieser Herausforderung gilt das Segment der Gewerbetreibenden immer noch als etwas vernachlässigt. Das könnte sich nun ändern.

In Deutschland haben sich bereits über 100 Berater und Gewerbemakler auf die DIN 77235 zertifizieren lassen. Sie berichten nach Angabe von Defino alle von nahezu den gleichen Effekten wie denen aus der Analysenorm für Privathaushalte: hohes Vertrauen im Neugeschäft, ein klarer Blick und besseres Verständnis bei den Unternehmern für die Risiken und finanziellen Notwendigkeiten ihres Gewerbes und damit einhergehend eine höhere Vertragsdichte pro Kunde, verbessertes Empfehlungsgeschäft, Steigerung des Bestandswertes – und vor allem Haftungssicherheit.

Bei den Gewerbetreibenden kommt im Vergleich zu privaten Kunden noch ein weiterer Aspekt hinzu: Da sie zum großen Teil selbst mit und nach DIN-Normen arbeiten, kennen sie Funktion und Nutzen solcher Normen aus ihrem täglichen Geschäft. Viele bringen deshalb große Sympathie für ein auf einer DIN-Norm basierendes, neutrales Analyseverfahren auf, ohne dass dieses Vorgehen besonders erklärungsbedürftig wäre. Red.

Wörter: 470
Seite: 159 bis 160
Ressort: Blickpunkte
Medienkanal: PRINT
Mediengattung: Zeitschrift/Magazin
Medientyp: PRINT

Jahrgang: 2025
Nummer: 4
Ausgabe: Einzelausgabe

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